hntrlnd » Zugfahrt http://www.hntrlnd.de Lenin, Leute, Brot und Spiele Fri, 27 Jun 2014 19:11:05 +0000 de-DE hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.8.1 Kasachisches Bisnes und zweitausendfünfhundert Kilometer http://www.hntrlnd.de/?p=1032 http://www.hntrlnd.de/?p=1032#comments Wed, 18 Jun 2014 16:20:27 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=1032 Zweie vor Plastik

Zweie vor Plastik

Der eigentliche Fahrkartenschalter ist noch weit entfernt. Anstatt des „Taxi, Taxi, Taxi“ Gesangs vor der Bahnhofshalle, entsteht nun aus „Ticket, Ticket, Ticket“ die Hintergrundmusik. „Sag schon, wo wollt ihr hin?“ unterbricht jemand unseren Gang zur Schalterangestellten. „Astrachan“ antworte ich, ohne mich zu ihm zu wenden. Die Südstrecke durch Kasachstan geht über zweieinhalbtausend Kilometer. „Bei mir kostet das Ticket 20000.“ Ich drehe mich zu dem auskunftsfreudigen Verkäufer. „Aha,“ sage ich „aber wie funktioniert das, dass du mir den Fahrpreis günstiger anbieten kannst?“

Kartenverkauf hinter der Grauzone

Kartenverkauf hinter der Grauzone

„Wir sind Kasachen“ antwortet er und führt uns zu einem Terminal, an dem man sich die freien Plätze in den Zügen anzeigen lassen kann. „Wir kaufen keine regulären Tickets, das ist uns zu teuer.“ Er zeigt auf den Bildschirm „Siehst du, wie viele freie Plätze es gibt? Niemand kauft hier Tickets. Die kosten 5000 mehr.“ „Also, wie funktioniert dann euer System?“ frage ich. „Ich gebe dem Zugbegleiter vor Abfahrt eine Liste mit den Namen der Passagiere, die bei mir eingekauft haben.“ Er wird redselig „Außerdem bekommt der Zugbegleiter von mir seinen Anteil am Verkaufspreis. Das ist völlig sicher, alle Kasachen machen das so.“ Neben uns kauft gerade eine zumindest kasachisch sprechende Familie ihre Tickets am Schalter. „Ja,“ sage ich „ aber wir sind keine Kasachen, sondern anstrengende Deutsche. Wir brauchen ein offizielles Ticket in der Hand, damit wir uns sicher fühlen. Ein Ticket könntest du uns aber nicht geben, wenn wir bei dir kaufen, richtig?“ Er sieht aus, als würde er sich ärgern über seine Ausführungen, die unsere Skepsis nicht verhindern konnten. „Nein, aber ihr steht ja dann auf der Liste. Das ist todsicher und billiger.“ Ich verneine sein Angebot: „Danke, aber wir bezahlen lieber mehr und haben dann ein Ticket in der Hand.“ Er winkt ab: „Ja, dann geht doch zum Schalter und lasst mich in Ruhe.“ Er ist so schnell verschwunden, wie er anfangs auf uns einredete.

Hightech und Bahnsteig

Hightech und Bahnsteig

Auch der Kauf am offiziellen Schalter ist suspekt ab dem Moment, als Dirk mit Karte bezahlen will. Die Schalterangestellte steckt die Karte hinter dem Fenster in ein mobiles Lesegerät und fragt Dirk nach der Geheimnummer. Die geben wir ihr natürlich nicht. Sie muss also aus dem Schalterraum herauskommen, damit Dirk die Nummer selbst eintragen kann. Auch der Preis ist seltsam, genau 20000 pro Person. Unsere wichtigste Vorbedingung ist nun aber erfüllt: wir haben zwei ausgedruckte und offiziell aussehende Tickets in der Hand. Einen Tag später stehen wir auf dem Bahnsteig, der Hightech-Plastikwagon erwartet uns mit offenen Türen. Ich kaufe Zigaretten an einem Bahnsteigkiosk. Am Tisch sitzt die Verkäuferin mit einem Gast, dieser leert ein kleines Fläschchen Brandy. „Verkaufst du Zigaretten?“ frage ich. Sie geht zum Tresen und holt unter dem Ladentisch die zwei Sorten heraus, die sie anbietet. Scheinbar hat sie keine Erlaubnis, Zigaretten zu verkaufen. Das bringt mich auf eine Idee: „Dann hätte ich noch gern ein Fläschchen von dem, was er da trinkt“ Bereitwillig zieht sie auch eine baugleiche Flasche unter dem Tresen hervor und nennt mir den Preis. Stolz gehe ich zum Wagon zurück.

Bahnhof und Bisnes

Bahnhof und Bisnes

„Darf man im Zug rauchen?“ frage ich die beiden Zugbegleiter am Eingang des Wagons. „Nein, darf man im ganzen Zug nicht“ antworten sie simultan. „Es gibt keinen Raucherplatz im Zug auf der langen Strecke?“ Der eine zwinkert mir zu: „Ich zeige dir später die Möglichkeit.“ Also frage ich nochmal nach, nachdem er den Zug und seine Eigenheiten erklärt hat. Ein Zug chinesischer Bauart mit kurzen Wagons. Man kann komplett durchgehen, ohne Zwischentüren öffnen zu müssen. Die Vier-Betten-Kupees sind etwas kleiner als in den Wagons alter Bauart. „Für 4000 zeige ich dir, wie und wo du ohne Probleme rauchen kannst.“ Ich übersetze Dirk, 18 Euro sind uns zu heftig. Das wäre unser letztes Bargeld und das hätten wir gerne für die Marschrutka nach Russland. Später sage ich zu unserem Zugbegleiter: „Für 2000 hätten wir gerne deine Informationen, wir brauchen noch etwas Geld bis Russland.“

Plastik und Bisnes

Plastik und Bisnes

Er und ein „Qualitätsoffizier“, der uns später Fragebögen zur Zugfahrt geben will, zeigen mir das Klo. Hier gibt es einen ständig rotierenden Abzug und keinen Feuermelder. Wenn man weitere fünf Minuten nach der Zigarette drin bleibt, ist der Rauch abgezogen, so die Erklärung. Hätte man auch selber drauf kommen können. Wir sehen die 2000 eher als Bezahlung für das Protektorat. Falls es doch wegen Rauchgeruchs zu Komplikationen kommen sollte, werden wir von den Zugbegleitern nicht belangt.
Erleuchtet Kamel Moskauer Viele Kamele Salztümpel Angekommen in Atirau Jens vor Lieblingshintergrund Rastplatz

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Mit der Marschrutka von Bischkek nach Karakol http://www.hntrlnd.de/?p=973 http://www.hntrlnd.de/?p=973#comments Sun, 08 Jun 2014 06:02:36 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=973 Rauchpause im Nichts

Rauchpause im Nichts

Bevor die Reise beginnt, sprechen einige Fahrgäste ein Gebet. Ein alter Mann flüstertütet die abfahrenden Busse wie ein Muezzin, die Busfahrer werben für ihre Strecke mit dreifachem Rufen des Zielorts, Billets gibt es an der zentralen Kasse. Das Gepäckabteil des Sprinters, in dem wir gute fünf Stunden und knappe 400 km von Bischkek nach Karakol fahren werden, hat eine Packdichte höher als Blei.

Awtowoksal Bischkek

Awtowoksal Bischkek

Schnell noch ein paar Samsa (Blätterteigtaschen gefüllt mit Fleisch, Zwiebeln und Zeug) und zwei Flaschen Limo kaufen, ein Bordrestaurant ist nicht zu erwarten. Eine alte Frau hält Bananen durch die Fahrertür, eine andere Kirschen, Gurken, Tomaten. Der Bus fährt wie immer erst dann los, wenn er voll ist. Kommt man als einer der ersten Gäste, wartet man eben länger – feste Abfahrtszeiten sind auch hier Fehlanzeige. Was nicht mehr ins Gepäckabteil passt, steht eben im Gang. Ebenso wie ein Mann ohne Zähne und Fahrkarte, ein anderer hat sich gleich einen Hocker mitgebracht. Mein „voll“ ist ein anderes „voll“.

Je weiter wir nach Osten kommen, desto flacher, kleiner, bunter und verstreuter werden die Häuser, mehr und mehr erscheinen Schafherden, Kühe, Pferde vorm gebirgigen Horizont. Besagte Pferde sieht man nun öfter als Fortbewegungsmittel von Kindern, jungen Männern und Opas; Mädchen, Frauen und Omas gehen zu Fuß. An Kreuzungen mittig unbefahrene Dreiecke aus Schutt, Staub, Kiesel und klein gefahrenen Plastikabfällen. Gelegentlich stehen Menschen am Straßenrand, die von irgendjemandem mitgenommen werden wollen. Ein schmaler, fruchtbarer Streifen, einer Oase ähnlich, zwischen Hochgebirge und Yssyk-Köl auf 1600m Höhe wird geteilt von der Straße, aus der wir überladen dahin rasen und kaum Blicke für Dörfer aus Lehm, Holz und vergilbter Werbung finden, genauso wenig für die heruntergekommenen Sanatorien aus UdSSR-Zeiten, die irgendwie zwischen Betrieb, Abriss und Renovierung vor sich hin existieren. Es wird so lange auf der besseren Gegenspur gefahren, bis der Gegenverkehr hupt. In Kurven wird die Fahrbahn auf der vollen Breite ausgenutzt, der Fahrer telefoniert und raucht. Die Fahrbahn ist nicht die schlechteste, die Menschen hoffen und ertragen still. Züge findet man in diesem Land kaum, so hat sich der Busverkehr als das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel etabliert. Das weiß auch die Polizei, die alle 20km mit einer Radarfalle wartet.

Landschaft exisitert eher in der Ferne

Landschaft exisitert eher in der Ferne

Der kleine Junge mit den großen, dunklen Augen kann diese nicht von mir lassen. Die Hälfte der Fahrt muss er mal auf dem Schoß seines Vater, mal auf dem der Mutter sitzen und schielt oft von schräg vorne zu mir herüber. Als dann eine Stunde vor Ende der Fahrt zwei Fahrgäste aussteigen, darf er auf dem Sitz neben dem Fahrer sitzen und strahlt die ganze Zeit quer durch den Bus zu seinem Vater, der endlich schlafen kann. Es scheint die größte Reise seines Lebens zu sein.

Der Junge und der Vater

Der Junge und der Vater

P.S. Eine Marschutka ist ein semi-öffentliches Verkehsmittel, meist ein Transporter europäischer Bauart mit langem Radstand und Hochdach. Meist finden sich 13 bis 18 Sitzplätze, mal wurden sie nachgerüstet, mal wurde das Fahrzeug für diesen Zweck gebaut. Eine für deutsche ÖPNV-Verhältnisse undenkbar flexible Variante des außer- und innerstädtischen Kommunalverkehrs, der aber seit Jahrzehnten perfekt funktioniert, obwohl er nicht in dem Maße organisiert erscheint, wie es seine Umfänglichkeit erfordern würde.

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Elektritschka-Epilog http://www.hntrlnd.de/?p=899 http://www.hntrlnd.de/?p=899#comments Tue, 27 May 2014 05:07:02 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=899 In der Elektritschka

In der Elektritschka

Egal wie man sitzt, liegt, lehnt, es dreht und wendet das Gesäß – nach einer Stunde schmerzt es auf hart-lackierten Holzbänken. Belustigte Blicke der Fahrgäste neben uns, durchs ständige Ändern der Sitzposition als Unkenntlicher entlarvt.

Rumpeln der Schienen, rhythmisch-abrupt, Schleifen der Bremsen, Klappern der Fenster und Türen, der Luftzug tut gut, Elektromotoren summen leise und alt, die Lok pfeift kurz vorm Bahnhof, kaum Zeit zum Aussteigen, den Kopf aus dem Fenster, Fliegen und Staub in den Augen. Geschwätz, Gelächter, Gejohle, ob man sich kennt oder nicht, Kinder wechseln die Schösse, Taschen die Hände. Und mittenmang das immer wiederkehrende Ersatzgebet der Lobpreisungen der Verkäuferinnen im Gang. Wasser, Ayran, Samsa, Kleinkram, Zeitungen, was darf es sein? Die ganze Familie ist eingespannt, Oma, Mutter, Tochter, die Stewardessen eines Vorortzuges in Usbekistan, in dem eine Fahrt keinen ganzen Euro kostet.

Die Kleider der Frauen aufwändig im Muster, praktisch im Schnitt, oft an der Hüfte gebunden, mal mit Tasche vorm Bauch, mal mit, mal ohne Arm, doch nie zu kurz an den Beinen. Wenn doch, dann mit Stoffhose ergänzt, auch ein Kopftuch über den schwarzen Haaren darf nicht fehlen, wohl aber aus Gründen der Temperatur, nicht der Religion.

Drei Schaffner sortieren das Geld für die Fahrkarten blind mit geübter Hand. Einer mit dreien, zwei mit zwei Sternen auf hellblauem Schulterstück, die Uniform des Dicken ist am stärksten verwaschen. Der mit drei Sternen nimmt das Geld und die Provision der Verkäuferinnen und steigt als erster der drei auf dem Heimweg aus. Die anderen bekommen Brot, Eier, Tomaten, Salz und essen im Zug. Man stößt an und prostet sich zu, das Wochenende naht, die letzte Fahrt endet in froher Erleichterung.

Kühe, von Jungen gezogen, geschoben, bewacht. Ist keine Kuh zur Hand, wird ein Reifen geschleppt, ein Fahrrad geschoben, im Schatten gesessen, Müll auf kleinen Haufen verbrannt, die Asche mit Stöcken geschürt und verteilt, das Feld bestellt, der Mutter den Einkauf getragen. Trinker schleppen sich durch hüfthohes Unkraut, schlafen am Bahndamm, tot oder lebendig. Zäune, Mauern, blinde Fenster, Zisternen, Gärten, Fabriken und Unrat wechseln sich ab mit versiegelter Erde, gemeinhin Beton genannt. Alles zieht vorbei im gemächlichen Takt der Elektritschka, wer nimmt diese Schönheit noch wahr? Die Stadt kündigt sich an durch Werbung und Hochhäuser.

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Kharkov – Sochi http://www.hntrlnd.de/?p=606 http://www.hntrlnd.de/?p=606#comments Fri, 02 May 2014 08:03:55 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=606 Zug und Nacht und Rostov

Zug und Nacht und Rostov

Von Kharkov nach Rostov am Don, platzkartnui Wagon. Die Tickets kosten für die ganze Strecke bis Sochi nicht um die fünfzehn, sondern siebzig Euro pro Person. Die Abteile sind eng, keine Türen zum Abschließen. Den Raum, auf dem im Coupe vier Fahrgäste liegen, teilen sich hier sechs Leute. Noch weniger Privatsphäre und diesmal keine schöne Ukrainerin in Sichtweite. Der Wagon auf der Zugstrecke Minsk – Sochi ist sauber, die Mitfahrenden sind verschlafen, die Liegen bereits runtergeklappt. Der Ein- und Ausstieg, in welchem man raucht, ist wieder mit Aschenbechern ausgestattet. Ein Schild weist darauf hin, dass auf der Durchfahrt durch die Ukraine nicht geraucht werden darf: Altbekannte Prozedur, die Durchgangstür zum nächsten Wagon öffnen und zwischen den Wagons auf die Schienen aschen.

Ukraine und Landschaft und Gleise

Ukraine und Landschaft und Gleise

Fünf Tage vor Abfahrt waren wir auf dem Kharkover Bahnhof, um die Tickets zu kaufen. Wir hatten nicht an Wuichodnuie gedacht, für welche die freien Tage um den ersten Mai herum gerne genutzt werden, außerdem hatten wir uns blenden lassen von Statistiken, welche besagten, dass der Ticketkauf Richtung Krim und Russland um dreißig Prozent zurückgegangen sei. Auf dem Weg zum Fahrkartenschalter wurde ich von jemanden in Zivil angehalten, er zeigte ein Dokument, welches ihn wahrscheinlich als Polizisten auswies, ein uniformierter Polizist stand neben ihm. Er fragte mich, was ich hier wolle, wo ich hin will und woher ich komme. Also zeigte ich meinen Pass und sagte was von Deutschland und Urlaub und Sochi, wie immer wurden aufmerksam und interessiert die Visa durchgeblättert, ich bekam den Pass ohne weitere Nachfrage zurück. Diese Begebenheit vermittelte mir einen weiteren Eindruck von der Nervosität der ukrainischen Behörden. Am Fahrkartenschalter wurde uns schnell mitgeteilt, dass es keine Tickets mehr gäbe, weder für den Zug Minsk – Sochi, noch für den Zug Moskau – Sochi. Wir waren erschüttert. “Na, da muss es doch eine Möglichkeit geben”, murmelte die Angestellte am Schalter für internationale Gäste in fließendem Englisch und tippte lange und konzentriert auf der Tastatur. “Das ist möglich” sagte sie dann, während sich bereits Schweißperlen auf unserer Stirn bildeten. “Ihr bekommt Platzkarten für den Zug Minsk – Sochi, fahrt bis Rostov, zwei Stunden später steigt ihr in den Zug Moskau – Sochi, wieder mit Platzkarten.” “Perfekt,” rief ich “machen wir so.” In meiner Euphorie fragte ich mal wieder, ob ich ein Foto von ihr machen dürfe. Sie freute sich: “Gerne, doch hier dürfen keine Fotos gemacht werden.” “Das sieht doch keiner.” sagte ich. “Doch die Kameras.” grinste sie, ihr Zeigefinger hob sich von der Tastatur ein wenig zur Seite hin.

Platzkartnui und Fenster und Rausgucken

Platzkartnui und Fenster und Rausgucken

Jetzt sitzen wir also im Minsk-Sochi Zug und bekommen Waren feilgeboten, laut werden Vorzüge und günstige Preise vorgetragen, Schlafende sind egal. Folgende Liste beschreibt, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, das Sortiment: Blumenvasen, mit Blumenmuster, oder ohne, vergoldet, oder nicht, Kinderbuntstiftsets, Walnüsse, Milch, andere Nüsse, einen Meter hohe Vasen (das Angebot entspricht wirklich dem eines gut aufgeräumten Vasenladens), Käse, karierte Taschen voll Zeug, Brot, Brennholz, Bier, Besteck und das beste Gebäck überhaupt, wenn man der Verkäuferin glauben mag.
Die ukrainische Landschaft fährt am Fenster vorbei, die Bäume blühen, mehr Birkenwäldchen, also fahren wir in die richtige Richtung. Nach vier Stunden Fahrt werde ich bereits das zweite Mal von Polizisten kontrolliert. Sie entdecken mich, als ich durch das Türfenster der Raucherecke Fotos von vorbeifahrender Natur mache. Wir fahren zwar durchs Donezk-Gebiet, aber von einem fahrenden Zug aus sind keine Besonderheiten zu entdecken. Eine Straßensperre aus alten Reifen bekomme ich nicht rechtzeitig in den Fokus.

Bahnsteig und Hightech-Zug und kurz vor Sochi

Bahnsteig und Hightech-Zug und kurz vor Sochi

“Gehörst Du zu dem Wagon?” fragt mich der eine Polizist “Ja”. “Hast Du Drogen dabei?” fragt der zweite. “Nein, keine Drogen.” “Wo kommst Du her?” “Aus Deutschland.” “Alleine unterwegs?” “Mit einem Freund.” “Kommt ihr aus Weißrussland?” “Nein, aus der Ukraine.” “Aha, was habt ihr hier gemacht?” “Urlaub?” “Zeige Deine Dokumente!”. Also gehen wir zu den Liegen. “Hast Du ein Telefon dabei?” “Ja, aber das Akku ist alle.” “Zeige es trotzdem!” Er schaltet es ein und klickt wild durch die Apps, findet Fotos, dann geht das Handy wieder aus, Dirks Handy wird auch durchgeklickt. Ich habe die ganze Zeit den Fotoapparat in der Hand, dessen Aufnahmen wohl relevanter wären, aber dieser interessiert die beiden Polizisten scheinbar nicht mehr, sie haben wohl nicht genug Indizien für irgendwas gefunden, stattdessen werden willkürlich noch ein paar andere Passagiere kontrolliert.
Die Grenzkontrollen verlaufen dann auf beiden Seiten schnell. Interessant ist vielleicht, dass die ukrainischen Zöllner bereits fünfzig Kilometer vor der Grenze den Zug kontrollieren. Die Russen blättern direkt an der Grenze durch unsere Visa.
Rostov am Don – schicker Bahnübergang, viele Sitze in großen Wartesälen, vereinzelt schlafen Wartende.
Der nächste Zug kommt auf die Minute pünktlich. Wieder ein platzkartnui Wagon, diesmal neuester russischer Hightech. Ein kleines Schildchen informiert darüber, dass wir in einem Glückswagon mitfahren, ein Passagier hat auf Platz soundso gesessen und 500000 Rubel gewonnen, weshalb es sich durchaus lohnt, an der Bahnlotterie teilzunehmen. Wir finden nach längerer Suche unsere Liegen. Alle schlafen. Am Morgen zeigt sich das Manko der eng besetzten Nachtzüge. Die morgendliche Routine ermöglicht es nicht, sich nicht ständig gegenseitig auf die Füße zu treten. Dicht an dicht drängen sich Passagiere durch den engen Gang aneinander vorbei.
Es gelingt mir immer noch nicht, dem Gespräch zwischen Russen sinngemäß zu folgen, zu schnell, zu viel neu, die Sprache hat sich verändert. Eine schöne Russin zieht kurz vor Sochi eine Jeansjacke an. Steht ihr nicht. Tolle dunkelbraune Augen.

Wagon und Deschurnaja und angekommen

Wagon und Deschurnaja und angekommen

Ich frage die Deschurnaja, ob sie uns bis Adler weiterfahren lässt, obwohl wir doch nur Tickets bis Sochi gekauft haben. Sie grinst kurz und macht dann wieder ein ernstes Gesicht “Das entscheide ich in Sochi, ich sage dann Bescheid” Auf weitere fragende Blicke meinerseits antwortet sie bis Sochi mit besonders ausdrucksstarker Ignoranz. Am Bahnhof schaue ich von der Wagontür aus kurz auf den Bahnsteig und zu ihr. Ihr Handwink vermittelt, dass die Fahrt eine Station weiter klar geht. Der Zug kommt auf die Minute pünktlich an. Gerne lässt sich unsere Deschurnaja vor ihrem Wagon fotografieren. Adler, Olympiapark, Palmen, Schwarzes Meer.

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Ukraine-Stakkato http://www.hntrlnd.de/?p=599 http://www.hntrlnd.de/?p=599#comments Thu, 01 May 2014 06:34:12 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=599 DSC01281Die folgenden Zeilen sind sicher politisch unkorrekt und in jedem Fall unsortiert, aber so fanden sie den Weg in mein Notizbuch während der Zugfahrt nach Sotchi. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit:

Egal, wie die Gegend aussieht, die Kirchendächer glänzend blau und gold. Kaputte Fassaden, Küchen aus dem Katalog. Das Land so weit und so fruchtbar, aber auch so zerstritten. Kinder vor Karriere. Absatzschuhe wie Hochhäuser. Die Alten wollen die Sowjetunion zurück, weil da alles besser war. Ganz unrecht haben sie nicht. Die Jungen wollen Europa, weil da alles besser wird. Ganz unrecht haben auch sie nicht. Nicht jeder Freund Russlands ist ein Separatist, nicht jeder Freund Europas ein Nazi. Es gibt tatsächlich noch Leute, die einfach nur ihr Leben leben. Nationalbewusstsein entwickelt sich rasant, die Legislative kommt nicht mehr mit. Die Exekutive ist hilflos. Die Judikative schleppt sich hinterher. Der Bart Schevschenkos ist das Weinen der Ukraine. Geweint wird oft, mal mit Recht, mal ohne Verstand. Wer war nochmal Lenin, bitte? Regeln braucht der, der Regeln braucht. Wo kein Lichtschalter ist, muss auch keine Lampe hängen. Wie könnte man ein Land teilen, dass sich gar nicht einig ist? Eine Nation, reduziert auf schlechte Nachrichten. Die Krise. Die Russen sind schuld. Nein, die CIA. Oder Europa! Europa? Wir sind Europa! DSC01243Eine Nation der Zweitverwertung. Muss man eigentlich alles importieren? Es gibt doch eigene Firmen. Kein TÜV, keine Autobahn, keine Kindersitze. Bleifarbe an Klettergerüsten, dafür viel Kinderlachen. Es ist erstaunlich viel umsonst. Erstaunlich viel funktioniert einfach so. Schönheit muss nicht immer sein, oft reicht Nutzwert. Dicke Männer, dünne Frauen – Zeichen von Wohlstand. Aber das ganze Gejammer. Kippen schmeißt man nicht auf den Boden, rauchen ist fast überall nicht gern gesehen. Kulturlandschaften, die welche waren, sind oder noch werden sollen. Geringere Wertschätzung von Leben. Freundlichkeit ist in der Öffentlichkeit nicht angebracht, im persönlichen Umgang umso mehr. Leiden und Aushalten. Zu kleine Wohnungen. Kaum Supermärkte. McDonalds ist feines Essen. Überall nur Prepaid-Handys. Rostig funktioniert. Donbass gegen Lwow. Oben gegen unten. Rechts gegen links. Identifikation durch Abgrenzung nach außen und innen. Goldzähne, Gardinenfädenextensions, Augenbrauen in der Mitte der Stirn, Wangenknochen aus Himmel und Hölle. Irgendwo singt irgendwer immer die Hymne. Wie schön sie klingt, so traurig, so stark. Korruption, die alles irgendwie zusammenhält. Offensichtlich. Verbote nicht erfragen, einfach darüber hinwegsetzen. Recht ohne Verstand. Gewaltbereite Idioten auf allen Seiten mit Stöcken in der Hand. Ständige Suche nach Gründen. Billige Zigaretten sind schlechte Zigaretten. Anderes Frauenbild. Adidas, New Balance, spitze Lederschuhe. Musik wie eine Dusche. Blinklichter zeugen von Gemütlichkeit. Fleisch ist billiger als Obst. Vieles selbstgemacht statt neu gekauft. Stolz und Vorurteil. Die Gedanken sind frei. Verwinkelte Effizienz. DSC01287Man kann sich auch mal mit Dingen abfinden. Soviel Misstrauen, unverständlich und auch nicht. Schönes, reiches Land, warum weinst du? Zwei Sprachen im Ohr, zwei Herzen in der Brust. Übermalte Symbolik.

Ich gehe davon aus, dass mir viel davon wieder und wieder auf den nächsten Kilometern begegnen wird, denn dies ist der Anfang.

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Odessa – Kharkov http://www.hntrlnd.de/?p=477 http://www.hntrlnd.de/?p=477#comments Wed, 23 Apr 2014 21:48:16 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=477 Deschurnaja

Deschurnaja

“Junge, bleib stehen!” kreischt es aus einem kleinen Fenster am Eingang des Wartesaals. Ich registriere erst gar nicht, dass ich gemeint sein könnte. Ich drehe mich doch Richtung Fenster, als das Kreischen lauter wird.
Eine schätzungsweise Ende Vierzigjährige Deschurnaja mit hartem Blick, mit strahlend rotem Stift geschminkten, schmalen Lippen mustert mich: “Zeigen sie mir ihre Fahrkarte!” “Zeige ich Ihnen” sage ich “Die Fahrkarte ist da hinten im Wartesaal.” Ich zeige auf unsere Rucksäcke, sie verdreht die Augen. Also komme ich mit meiner Fahrkarte von unseren Sitzen zurück, sie nimmt diese kurz in die Hand und gibt sie mir dann sofort wieder: “Sie müssen die Karte vorzeigen, wenn sie den Wartesaal besuchen wollen!” sagt sie in spitzem Ton.  Seltsam, dass sie uns nicht bemerkte in den letzten zwei Stunden. Natürlich hatte ich in der  Zeit mehrmals den Raum verlassen, um eine Zigarette zu rauchen und um Dinge für die Zugfahrt zu kaufen. “Entschuldigen sie, das wusste ich nicht.” sage ich in dem Ton, den ich für den richtigen halte, gegenüber einer höhergestellten und Macht besitzenden Person. “Das sollten sie aber wissen!” antwortet sie. “Jetzt weiß ich es ja!” belle ich dann doch zurück und drehe mich mitsamt der Fahrkarte weg von ihr und hin zu unseren Rucksäcken.
Als wir uns Richtung Zug begeben, sage ich zu ihr, dass ich es wirklich nicht mitbekommen habe, dass man erst seine Fahrkarte zeigen müsse, um den Wartesaal zu betreten und frage sie, ob ich ein Foto von ihr machen könnte. “Natürlich können sie Fotos von unserem schönen Bahnhof machen.” antwortet sie lächelnd. “Nein” sage ich “Ich würde gern ein Foto von Ihnen machen und Ihrem Arbeitsplatz.” “Aber warum?” fragt sie “Was ist denn der Sinn?” “Nun, ich will es dokumentieren.” sage ich “Nur für Ihre Freunde?” fragt sie. “Ja genau,” antworte ich “es geht ja auch ganz schnell”.  Sie will noch kontern und sagt etwas über den kleinen Raum und dass es doch nicht angemessen sei, aber da mache ich schon das Foto. Ich zeige es ihr “Gar nicht mal so schlecht.” kommentiere ich, sie lächelt und winkt zum Abschied.

Bahnsteig Odessa

Bahnsteig Odessa

Die Zugfahrt nach Kharkov ist Anfangs von verständigenden Blicken zwischen Dirk und mir geprägt. Das Vierer-Abteil besetzen wir wieder auf den oberen beiden Liegen. Zwei Frauen begleiten uns auf den unteren Liegen, auf dem 700 Kilometer langen Weg.
Während die eine, schätzungsweise Siebzehnjährige, vor sich hintechnisiert mit I-Pad und Kopfhörern, sitzt dort auch die Mitte Zwanzigjährige Schönheit, deren Konterfei wir vielleicht schon auf Straßen begegneten, aber welche bisher nicht in unserem Zugabteil saß. Also male ich schlechte Zeichnungen mit Kugelschreiber, ich will sie auch fotografieren, sie ist sofort mit der Hand dazwischen, mein Fotoapparat ist einer der schnellsten, aber nicht schnell genug für die Reaktionszeit ihrer Hand, die sich vor das Objektiv legt.
Nach ihrem Mathematikstudium studiert sie nun Sport in Kharkov. Bringt das Geld? Nein. Wieviel verdient man im Fitnessstudio? 100 Euro monatlich, in der Verwaltung, die ist besser bezahlt, als eigentliches Fitnesstraining. Was denkt sie über Deutschland? Gutes Sozialsystem, gute Autobahnen, gute Autos. Was denkt sie über die Ukraine? Nichts Politisches, bitte. Nichts, was man selbst noch nicht einzuordnen vermag. Sie nimmt sich gerne Zeit für uns, obwohl sie eigentlich über den Zetteln sitzt für die Abschlussprüfung. Wir versuchen es zu registrieren und sie nicht  zu sehr zu stören, wenn sie nicht gerade eine Lernpause macht und sich für uns und die Reise interessiert.

zugbekanntschaft

Ich habe nicht mal nach ihrem Namen gefragt

Als ich Bilder von unserer bisherigen Reise zeige, drehe ich unbemerkt einen kurzen Film, aus dem ich ein schlechtes Bild für diesen Artikel ziehen kann: Verliebt sein geht schnell. Was dann mein Problem ist . Und sie bleibt schnell, umarmt mich zum Abschied, als ich es nicht mehr erwarte: “Good  luck” sagt sie. “Bye” sage ich und wollte ihr doch so viel mehr sagen können. Manchmal ist man dümmer und verschüchterter, als man es sich jemals eingestanden hat.

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Lviv – Odessa http://www.hntrlnd.de/?p=334 http://www.hntrlnd.de/?p=334#comments Sat, 19 Apr 2014 16:50:54 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=334 lviv-odessa_1Mein neues Lieblingsgetränk: Zugtee mit zweimal Zucker für 3 Griwna. In der Nacht halb eins sitze ich auf dem Klappsitz im Gang, weil es im Abteil zu heiß ist und ich nicht schlafen kann. Zudem schnarcht Jens wegen der Wodkaverkostung in der Dämmerung und unsere Abteilbegleitung besteht aus einer depressiv dreinschauenden Mutter mit ihrem stillen Sohn, die beide keine Gesprächspartner abgeben. Draußen ziehen im Dunkel Felder, Industrieanlagen und verlassen wirkende Dörfer vorbei, bis Odessa sind es jetzt noch sieben Stunden. Mein Tee zieht seit drei Minuten, ich bin allein, alles schläft, nur die Deshurnaja ist noch wach und sortiert in ihrem Abteil leise murmelnd die Tickets, die sie beim Losfahren eingesammelt und gegen frische und vor Stärke raschelnde Bettwäsche getauscht hat.

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Bahnhof Lviv

Ein Ukrainer in meinem Alter mit kräftigem Kinn und umso kräftigeren Nackenmuskeln, die seinen Haltungsschaden zu kompensieren suchen, der erst recht sichtbar wird, als er in der typischen, osteuropäischen Zugkleidung vor sein Abteil tritt: Unterhemd, Jogginghose, Adiletten. In letzteren zeigen sich seine geschundenen und krummen Zehen; ich bin kein Orthopäde, aber der Mann arbeitet sicher hart und geht nicht zum Betriebsarzt.
Ein Abteil weiter das Gegenstück; der semi-östrogene Ukrainer mit fliehendem Kinn. Alles scheint weich an ihm, auch sein Blick, der mich oft schüchtern streift und den er ins dunkle Nichts vor dem Zugfenster wendet, sobald ich ihn erwidere. Hinter seiner randlosen Brille schauen schlaue Augen, die und seine Haltung, Hände und Körpermitte verraten eine eher sitzende Tätigkeit.

Abendessen im Zug kann sooo romantisch sein

Abendessen im Zug kann sooo romantisch sein

Um sechs ist meine Nacht zu Ende. Noch zwei Stunden. Draußen Soldaten, die im Morgentau rauchend auf ihren Zug zur Kaserne warten. Hunde, die anderer Hunde Kadaver verspeisen. Sporttaschenträger, die in Vororten aussteigen. Aus dem Nachbarabteil kommt ein Herr, dessen Anzug und Krawatte die Nacht ohne eine Falte überstanden haben, im Gegenteil zu meinem Gesicht. Die Deshurnaja schreit etwas auf den Bahnsteig, während sie sich fluchend Reste des heißen Wassers für meinen dritten Tee über die Uniform kippt. Vom Bahnsteig schreit jemand zurück und die Fahrt geht weiter.
Auch hier gilt wieder: Wer fragt, ob was erlaubt ist, ist der Dumme. So geht’s Jens, als er zwischen zwei Wagons mal eine rauchen will. Als er eine Stunde später einfach so eine rauchen geht, stellt sich der betrunkene Schaffner zu ihm und verteidigt ihn gegen unsere Deshurnaja, die sowas nicht gern sieht, aber was solls, der Schaffner machts ja auch.

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Berlin – Lviv http://www.hntrlnd.de/?p=266 http://www.hntrlnd.de/?p=266#comments Wed, 16 Apr 2014 18:48:21 +0000 http://www.hntrlnd.de/?p=266 Busschild
ZOB Berlin, es hagelt. “Tscheres tritsatch minut” sagt der Busfahrer am Telefon.
Zweie sitzen auf der Busbahnhofsbank, die letzte Sportzigarette ist weggeraucht, eine Mülltonne wird vorbeigeschoben.
Der Bus scheint überbucht zu sein. Russisch, Ukrainisch, Deutsch. Reihenfolge bedingt durch die Menge der Wortfetzen in jeweiliger Sprache. Die Sitzlehnen sind eindeutig zu kurz. Der Kopf ragt über und der Hals schmerzt nach wenigen Minuten in zurückgelehnter Haltung. Das Wetter ist ausreichend gut, perfektes Busreisewetter. Die Autobahn ist grau und frisch saniert. Die ersten Kilometer in Polen dann doch wie aus alten Zeiten, holpernd überholt der Bus einige LKW, bergab rennen die Boliden um die Wette, kein Spiel zwischen den Fahrzeugen.
Auf dem Bildschirm läuft in chronologische Folge eine wohl recht erfolgreiche russische Serie. Lächerlicher Protagonist, ernste und gefühlvolle Frauen, lustig und klischee-ersoffen. Alles wird gut am Ende. Halbelf werden mitten in Polen Pässe kontrolliert – ungeplante Raucherpause. Der Camouflagepolizist sagt beim Sichten unserer Pässe: “Usbekistan?” und zieht die Augenbraue hoch, seine Unterlippe schmollt hervor.

Passkontrolle und Raucherpause

Das nächste Mal werden die Pässe an der europäischen Außengrenze eingesammelt. Auf polnischer Seite gibt der Grenzer die Pässe zurück und benennt dabei den abgelesenen Vornamen des jeweiligen Empfängers, freundlich. Auf ukrainischer Seite das gleiche Spiel mit etwas längerer Wartezeit.
“Dass es immer diese Kinder gibt, die nichts richtig machen” grummelt der Busfahrer, wenn ich ihn richtig verstehe, und macht dem Grenzer das Licht im Gang an.
“War unter uns ein ‘Manka’?” fragt dieser und guckt nach dem Passagier: “Kommen Sie mit raus”.
Das Licht im Gang ist wieder aus, die Pässe werden weiter kontrolliert, Jeder flüstert mit Jedem. Manka ist zu Tränen gerührt, als er sein Handgepäck aus dem Bus holt. Er wird nicht weiter mitfahren.
Kurz vor Lviv gibt es keine Sicht mehr, eine einzige große Nebelwolke. Der Bus überholt beim zweiten Versuch erfolgreich einen sehr langsamen Milchwagen. Diesmal gab es keinen Gegenverkehr, der mit wenigen Metern Abstand vor dem Bus auftaucht. Der Nebel lichtet sich kurz und zeigt den dahinter liegenden blauen Himmel. Bei besonders langsamen Lastern kehrt der Nebel zurück. Und langsame Autos müssen überholt werden.
Lviv, Schlafstädte, Busbahnhof.
fahrn, fahrn DSC00353 DSC00358 DSC00394

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